Mit unserer Neujahrskarte 2013 erinnerten Elena und ich als LetterinBerlin an den Plakatkünstler Julius Klinger, dessen beindruckende Arbeiten heute leider nur noch wenigen bekannt sind. Klinger ist für uns ein Held, wegen seiner orginellen Bildideen, der Vielseitigkeit seiner Schriftzeichnungen und immer wieder: wegen seines Humors.
Julius Klinger wurde im Mai 1876 in Wien geboren. Nach Studien am Technologischen Gewerbemuseum in Wien anfang der 1890er Jahre arbeitete er als Zeichner für die Wiener Mode und nahm Privatunterricht bei Koloman Moser. Mit kurzem Zwischenaufenthalt in München landete er am Ende des Jahrhunderts in Berlin, wo Ernst Growald durch Zeichnungen in den Lustigen Blättern auf ihn aufmerksam wurde.
Ernst Growald, Akquisiteur der (lithographischen) Kunstanstalt Hollerbaum & Schmidt und Leiter der Abteilung »Moderner Druck« nahm ihn 1898 unter Vertrag. Zu den Kunden, für die Klinger tätig wurde, gehörten die Verlage Ullstein, Mosse und Scherl, die Manoli-Zigarettenfabrik und der Norddeutsche Lloyd. Bis zu seiner Einberufung 1915 entstanden einige tausend Arbeiten.
Legendär wurde sein Plakat für die Flugwochen, die ab 1910 an Berlins erstem Flugfeld in Johannisthal stattfanden. Das Motiv mit den vier in den Himmel starrenden Honoratioren wurde so beliebt, dass es über Jahre in vielen Abwandlungen weiterverwendet wurde. Anita Kühnel schreibt dazu: »Als Werber für das Neue betonte er gern den Gegensatz von alt und modern, ließ er mittelalterliche Ratsherren ängstlich staunend nach Flugzeugen schauen […].«*
Wegen des feinen Humors seiner Plakate war Klinger bei Kritikern wie Publikum gleichermaßen beliebt und avancierte neben Lucian Bernhard zum gefragtesten Plakatgestalter von Hollerbaum & Schmidt. Zwischen 1911 und 1915 wirkte Klinger auch als Lehrer an der privaten Schule Reimann für Freie und Angewandte Kunst und der vom deutschen Werkbund gegründeten Höheren Fachschule für Dekorationskunst.
Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte Klinger nach Wien zurück. Er erhielt dort Staatsaufträge der jungen Republik Österreich sowie verschiedene Ehrenaufträge internationaler Unternehmen wie London Underground und General Motors. Zwischen 1929 und 1931 lehrte Klinger noch einmal in Deutschland, diesmal an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Magdeburg.
Als Jude wurde Klinger nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich verfolgt und 1942 gemeinsam mit seiner Frau und annähernd eintausend weiteren Wiener Juden in die Gegend von Minsk verschleppt und ermordet.
Literatur & Quelle
Anita Kühnel: Julius Klinger: Plakatkünstler und Zeichner. Ausstellungskatalog. Kunstbibliothek, Staatliche Mussen Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Verlag Gebr. Mann, Berlin 1997. *p. 9–10
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Dieser Beitrag erschien zuerst im Januar 2013 bei LetterinBerlin. Find the English version here.